Über die Jahre haben wir uns die verschiedensten Gewohnheiten aufgebaut, welche teilweise notgedrungen aus Zwangslagen und teilweise ganz aus eigenem Antrieb entstanden sind. Der eigentliche Grund dafür mag mit der Zeit gar nicht mehr so wichtig zu sein, haben sie dann am Ende alle ihre Berechtigungen. Unser Leben kann dadurch angenehmer werden und besser funktionieren, und wir sind am Ende auf viele der Automatismen, die uns durch den Tag, die Woche und das Jahr bringen, auch einfach angewiesen.
Aber es sind nicht nur die vielen kleinen Tages- und Arbeitsabläufe, die wir oft automatisch erledigen, auch viele Events in unserem Kalender wiederholen sich jedes Jahr und werden von uns immer wieder von Neuem begangen. Man muss auch gar nicht alles widerfragen, vieles hat seine Berechtigung, und dazu gehören vor allem die vielen kleinen und großen Events, die über das ganze Jahr verstreut in unserem Kalender eingetragen sind. Nun ja, die meisten braucht da dort gar nicht einzutragen, sind sie doch schon fest in unserem Köpfen gespeichert und man freut sich schon lange vorher darauf.
Manchmal ist es auch einfach ein anderer, gar nicht bedeutender Anlass, der einen, einem inneren Wecker gleich, erinnert und auf das kommende Ereignis einstimmt. Der Wechsel der Jahreszeiten kann soll ein Anlass sein, oder zum Beispiel auch der Beginn der Reisernte hier in Japan, welcher in unsere Gegend mit dem Wechsel von Sommer zu Herbst zusammenfällt. Sobald in unserer Region die kleinen Erntefahrzeuge ihre Arbeit aufnehmen, und wir die ersten Zeichen des Herbstes spüren, erinneren wir uns sogleich an das letzte Jahr und wo wir damals gewesen sind. Genau, es ist wieder Zeit für Wara-Art わらアート, für die kunstvollen Figuren und Statuen, welche aus Reisstroh gefertigt werden, von dem es bei uns nun wirklich eine ganze Menge geben tut. Fleißige Hände sind bereits im Sommer damit beschäftigt, sich neune Formen auszudenken und diese dann in einem Park bei uns in der Nähe auferstehen zu lassen.
Und wie auch in den letzten Jahren wollten wir uns ein wenig Ablenkung nicht entgehen lassen, war doch auch das Wetter einfach zu einladend und ansprechend, als dass wir in der eigenen Wohnung bleiben wollten. Ein wenig frische Luft und ein größerer Spaziergang schienen uns da genau das Richtige, und deshalb sind wir nur all zu gerne aufgebrochen, um unsere Neugier auf das, was wir wohl in diesem Jahr zu sehen bekommen würden, stillen zu können.
Empfangen wurden wir nicht nur von blauem Himmel und warmen Sonnenschein, sondern auch von dieser feschen Schlange aus Reistroh (Wara), welches es sich hier gemütlich gemacht hatte. Sie bestand aus verschiedenen Teilen, welche so arrangiert wurden, dass es aussah, als würde ihr Körper teilweise im Boden stecken.
Wenn man direkt davor stehen genau hinsah, könnte man auf den Eindruck kommen, man stände vor einem Nilpferd oder vielleicht einem Drachen. Aber da wir nur zwei lange Zähne zu sehen bekamen, war klar, dass wir es hier ganz klar mit einer Schlange zu tun hatten.
Und der Blick von der Seite nur auf den Kopf bestätigte diesen Eindruck dann auch ganz klar. Die Formen des Schlangenkopfes wurden ziemlich gut nachgeformt, hier wurde wirklich gute Arbeit geleistet.
An anderer Stelle konnte man ein Miniaturmodell des Innenlebens der Schlange sehen. So, nur um einiges größer, sah die Holzkonstruktion aus, um die das Reisstroh am Ende arrangiert wurde. Es war mal ganu interessant zu sehen, wie es denn im Inneren der Objekte so aussieht.
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Und es gab noch mehr zu entdecken, so wie diese überdimensionierte Ente. Die ausgebreiteten Flügel dienten hier wohl als Stütze, um den ganzen ein wenig Stabilität zu verpassen.
Aufgrund der Lichtverhältnisse war es nicht ganz so einfach, ein wirklicg gutes Foto von vorne zu machen, aber aus den mitgebrachten Fotos sollte trotzdem ersichtlich sein, dass unsere Ente von allen wohl das lustiges Objekt gewesen ist.
Gleich daneben saß dieser freche Bursche, der einem gleich klar machte, nicht all zu nahe zu kommen. Wahrscheinlich handelte es sich hier um Fujin, den Gott des Windes. Damit er hier im Park nicht ganz so nackt war, wurde im zumindest ein kurzer Lendenschurz spendiert, welche wohl schon etws verrutscht war.
Von Ente und Dämon gab es auch ein Minimodell zu sehen, und man kann schnell sehen, dass aufgrund ihrer Höhe hier deutlich mehr Holz drinnen steckt, als bei unserer Schlange. Mal will ja auch nicht beim ersten Windzug wieder umfallen.
Als nächstes haben wir eine recht wild dreinschauende Katze, welche nicht ganz so gemütlich rüberkommt, wie die anderen Modelle. Die Krallen sind ausgefahren und der was einem noch sofort auffällt, dass sie mehrere Schwänze hat, und daher ein ganz außergewöhnlicher Vertreter der Katzenfamilie sein muss.
Insgesamt waren es drei Schwänze, und ich nehme mal an, dass die Katze ein Charakter aus einem Manga oder einem Anime-Film ist. Aber hier kann ich leider nicht mit weiterem Hintergrundwissen dienen, in Sachen Mange und Anime bin ich nun gar nicht bewandert, auch wenn ich diesbezüglich hier in Japan ja an erster Stelle wäre.
Zuletzt gab es noch dieses Statue, welche wahrscheinlich Raijin, den Gott des Donners und Blitzes darstellt. Er kommt gleich noch ein wenig bedrohlicher rüberkommt als der erste Gott, den wir zu sehen bekamen. Auch wenn ich ein wenig Recherche betrieben haben, bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich die beiden Götter nicht verwechselt habe, und wer von den beiden nun wirklich Fujin beziehungsweise Raijin ist. Aber ich hoffe, dass sie es mir verzeihen werden, ich werde bei Gelegenheit weiter nachforschen und sie beim nächsten Mal mit ihren richtigen Namen ansprechen zu können.
Auch hier gibt wieder ein paar Modelle zu sehen. Zuerst von unser wilden Katze, bei der auch eine ganze Menge an Holz verbaut wurde. Ich nehme mal an, dass besonders die abstehenden Schwänze eine höhere Schwierigkeitsstufe darstellen, welche hier aber super gemeistert wurde.
Sich die Minimodelle anzuschauen hat mir gleich einen viel besseren Eindruck in die Arbeit verschafft, welche hier vollbracht wurde. Zuerst muss man sich ja erst einmal ein Motiv aussuchen und auch aussdenken und dieses dann von innen heraus gestalten und aufbauen. Aber wie in den letzten Jahren haben ein paar talentierte Künstler es wieder geschafft, nicht nur mich zum Staunen und zum Schmunzeln zu bringen.
Auch wenn sich das Ganze auf eine Handvoll Modelle beschränken tut, hatten wir doch unseren Spaß und sind gerne wieder hierhergekommen. Wie bereits erwähnt, hatte das tolle Wetter da auch seinen Anteil dran gehabt und wir haben das Ganze dann noch mit einem Spaziergang und einem Besuch auf dem nahegelegenen Spielplatz verbunden. Am Ende kamen bei uns alle auf ihre Kosten, so dass es am Ende des Tages fast keinen Grund zur Beschwerde gab. Wie immer nur fast, den der Tag verging wie immer viel zu schnell und hätte ruhig noch ein paar Stunden länger gehen können.
Aber gut, dieses Problem haben wir des Öfteren und leider lässt es sich nicht beheben. Zu viele schöne Ereignisse sind viel zu schnell vorbei, aber zum Glück bleiben uns ja unsere Erlebnisse und Erinnerungen. Und da sich wie eingangs beschrieben, die Jahre mit ihren Veranstaltungen und Gewohnheiten wiederholen, bleibt einem immer noch der Trost, wiederherzukommen zu können. Manchmal dauert es ein wenig länger, aber an anderer Stelle geht es dafür auch mal ganz schnell. Dafür darf man zu gegebener Zeit auch gerne aus den eigenen liebgewonnenen Gewohnheiten ausbrechen. Wenn es gut tut, sollte man sich gar keinen Zwang antun und das ausleben, wonach es einem beliebt. Und das am besten heute schon...