Die Ausgangslage
In vielen europäischen Ländern wurde in den letzten Jahren der Einführung des Frauenwahlrechts vor hundert Jahren gedacht. Nun, ähnlich wie bei Asterix mit "Ganz Gallien..." gab es da mitten in Europa eine Region, wo Widerstand geleistet wurde1.
In der Schweiz gab es wie anderenorts auch seit dem 19. Jahrhundert Anstrengungen von Frauen und Organisationen, die für das Wahlrecht eintraten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Petitionen eingereicht, welche aber in Schubladen verstaubten; Klagen wurden mit Verweis auf das Gewohnheitsrecht abgewiesen. Auch viele Frauen waren der Meinung, Frauenwahlrecht wäre eine Idee aus dem Ausland, Schweizerinnen bräuchten so etwas nicht. Als 1950 der Bundesrat Anstalten machte, auch nur darüber nachzudenken, da war der "Schweizerische Frauenkreis gegen das Frauenstimmrecht" der Meinung, die moderne Frau sei schon so belastet mit Haushalt und Beruf, man könne ihr unmöglich auch noch das Wählen zumuten...
Aber es gab immer wieder Vorstöße und in den 1950er Jahren gab es ein paar Gemeinden, die sich zum Frauenwahlrecht entschlossen. 1959 kam eine Volksabstimmung, wo besorgte Schweizer vorher zu Bedenken gaben, dass aufgrund der politischen Organisation der Schweiz "der Stimmbürger nicht nur wählt, sondern dauernd über oft recht schwierige Sachfragen entscheiden muss", also wohl nichts für Frauen sei. (Klingt der Satz nicht ein wenig, als würden alle Nicht-Schweizer auswürfeln, wen sie wählen, weil ihre Wahlen eben nichts mit schwierigen Sachfragen zu tun haben?)
Auf jeden Fall war nur eine ziemliche Minderheit in der Volksabstimmung für das Frauenstimmrecht, teilweise nicht einmal 10 % der Männer waren dafür. Gegner waren der Meinung, dass "Frauen aufgrund ihrer biologischen Verschiedenheit durch ihre politische und rechtliche Gleichstellung benachteiligt würden". Allerdings wurde nach und nach in einigen Kantonen das Frauenwahlrecht eingeführt.
Und dann ging es Mitte der 60er um die Europäische Menschenrechtskonvention. Die Schweiz wollte gerne unterzeichnen, schließlich war man ja in Europa und selbstverständlich für Menschenrechte! Ging aber irgendwie nicht, eben wegen solcher Kleinigkeiten wie Frauenwahlrecht... Blöd.
Mänscherächt für beidi Gschlächt
Und es änderte sich die Stimmung im Land, auch konservative Frauenverbände waren für das Stimmrecht. 1969 wurde dann der "Marsch auf Bern" organisiert (s. Fotos hier), bei dem 5000 Menschen durch Bern marschierten und schließlich vor dem Bundeshaus demonstrierten.
Das schien den Stein ins Rollen gebracht zu haben, es wurde eine Abstimmungsvorlage erarbeitet, alle wichtigen Verbände und Parteien waren dafür, und die Volksabstimmung 7. Februar 1971 zeigte eine klare Mehrheit für das Frauenwahlrecht.
Die Kantone
Aber das galt nur auf Bundesebene. Die meisten Kantone zogen bald nach - aber wieder gab es einige gallische Dörfer bzw. in diesem Fall: ostschweizer Kantone. 1990 sah dann nicht nur die Wiedervereinigung im Nachbarland Deutschland, sondern (nach einem Entscheid des Bundesgerichts) auch das Frauenwahlrecht in der gesamten Schweiz.
Egal ob Mann oder Frau, egal wo ihr wohnt - wählen gehen!
Wer nicht wählt, darf hinterher nicht meckern - egal ob's um Politik geht oder das Mittagessen von morgen. Und wenn alle Parteien blöd sind - wieso nicht selber in die Politik gehen?
Wer nicht wählt, darf hinterher nicht meckern - egal ob's um Politik geht oder das Mittagessen von morgen. Und wenn alle Parteien blöd sind - wieso nicht selber in die Politik gehen?
Zum Weiterlesen
1 Ja, ich weiß, es gab da noch Portugal und Liechtenstein, die noch länger Widerstand leisteten ;)
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Jetzt wehren sich nur noch die zweifelhaften Brüder der Katholiken und hartknäckige Muslime. Aufklärung und gesellschaftlicher Fortschritt ist ein zähes Geschäft. Schön, dass du so ausführlich darüber geschrieben hast.