War nicht gerade noch Sommer und ich habe mich hier zu fast zu Tode geschwitzt? Und jetzt müssen noch schnell neue Winterreifen besorgt werden, weil die weiße Jahreszeit abgeblich ganz dicht vor der eigenen Haustüre steht und mit einem fiesen Lächeln auf uns wartet. Die kurzen Hosen habe ich doch noch nicht einmal weggelegt, und auch die Strandlatschen sind noch in Reichweite.
Aber wenn ich auf den Kalender schaue, wird mir dann doch klar, dass wir uns mitten im November befinden. Ja richtig, im November, angeblich die graue, nasse und dunkle Jahreszeit. Klar sind die Tage kürzer geworden, aber so richtig Endzeitstimmung ist in diesem Jahr noch nicht aufgekommen.
Auch bei uns hier in Japan beginnt jetzt eigentlich die graue Zeit, in der sich die Sonne nur noch sproadisch zeigt und die Menschen ihr Trübsal oft offen im Gesicht tragen. Aber die letzten Tage fühlen sich dann auf einmal wieder so an, als hätte sich der Sommer gerade erst verabschiedet. Milde Temperaturen mit einer großen Menge Sonnenschein, und das auch am Wochenende, haben uns vergessen lassen, wo wir uns zeitlich gerade befinden. Beschweren will ich mich nicht, denn ich weiß, das Ende kommt gewiss und abrupt. Kein gleitender Übergang sondern ganz knallharter Entzug. So das man schwitzt und friert zugleich.
Aber selbst in diesem Jahr ist ja dann doch die rot-grüne Dekoration in den Geschäften, die uns dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurück wirft. Unausweichlich und gnadenlos gehen wir in den Jahresendspurt der oft aufgezwungenen Fröhlichkeiten, den man aber zum Glück ganz gut mit dem einen oder anderen Glas Punsch wegspülen kann. Jedenfalls für den Augenblick.
Der November ist dann wohl die Ruhe vor dem Sturm, noch einmal innehalten und nicht ganz so viele Kräfte verschwenden, denn dem Sturm der Glückseligkeit zum Jahresende muss man erst einmal gewachsen sein. Da empfiehlt es sich zuvor sich ein wenig zurückzunehmen und nicht beim kleinsten Anschein von Leben außerhalb der eigenen Wohnung gleich verrückt zu spielen. Die gute Laune da draußen ist nur ein Strohfeuer, dass ganz schnell wieder verlöscht und im Dunkel der nass-feuchten Melancholie untergehen wird.
Finden wir uns also damit ab, dass dieses Jahr nicht mehr zu retten sein wird. Ob es einen nun vielleicht grandios verzückt oder eher gnadenlos verrückt gemacht hat, das Ende wird kommen und das Lichtermeer wird nur dazu dienen uns zu blenden und abzulenken, dass wieder einmal kaum etwas davon erreicht haben, was wir uns vorgenommen haben.
Aber die Ausrede liegt schon parat. Es geht halt alles viel zu schnell, wie soll man da denn überhaupt mithalten und sich konzentrieren. Gerade erst hatte das neue Jahr mit einem famosen Paukenschlag begonnen, und nun müssen wir realisieren, dass es schon November ist, und dieses Jahr durch und durch nicht halten konnte, was es uns doch großmäulig versprochen hatte.
Ach was wünschte ich mir jetzt einen Sonnenbrand! Dann hätte ich wenigstens noch ein halbes Jahre Zeit, damit anzufangen, mit etwas Großem zu beginnen.