„Ich bin daheim. Die Angst ist hier der Fremde."
- EIN KURS IN WUNDERN Ü-I.160
Wir alle haben wohl in den letzten anderthalb Jahren unseren eigenen Umgang mit der Tatsache entwickelt, dass ein Virus unser Leben und das Miteinander verändert hat. Wenn es ums Kranksein geht, war ich schon immer ein eher zuversichtlicher Typ. Warum das so ist, habe ich für mich noch nicht abschließend ergründet. Dennoch hat sich mit Corona an dieser Tatsache nicht viel für mich verändert. Angst ist und bleibt für mich ein schlechter Berater.
Ich nehme mich weniger ängstlich als den Durchschnitt wahr und begegne meinen Mitmenschen dementsprechend mit wenig bzw. keiner Angst. Genau darüber habe ich mich am Wochenende mit einem Nachbarn unterhalten. Und er hat mir gesagt, dass er mich als risikofreudiger als sich selbst wahrnimmt.
Angst ist nicht die Lösung
Als ich — nach dieser Unterhaltung — dann wieder zu Hause war, habe ich das Gespräch mit meinem Nachbarn nachhallen lassen und mir ist dieser Satz aus „Ein Kurs in Wundern“ in den Sinn gekommen: „Angst ist nicht der Ausweg aus der Angst“.
Derzeit passiert ganz viel um uns herum wobei — da ich während meines Studiums sehr im kritischen Denken geschult worden bin — ich nicht anders kann, als mich zu hinterfragen, was auf einer Metaebene eigentlich bei mir hängen bleibt, wenn ich die Geschehnisse und den dominanten Diskurs beobachte. Als studierte Medienwissenschaftlerin hinterfrage ich automatisch immer die Kommunikationsstrategie eines Mediums. Was wird mir wiederholt erzählt und was wird z.B. dafür aber ausgelassen und welchen Effekt hat diese Strategie? Was bleibt nach der Berichterstattung als Information, Appell und Gefühl bei mir hängen?
Ich habe im Studium gelernt, dass Medien nicht neutral berichten, sondern als Filter für uns Empfänger fungieren. Sie haben die Macht, eine Geschichte und Tatsachen in das ein oder andere Licht (oder den Schatten) zu rücken. Damals, als ich das das erste Mal verstanden habe, war ich schockiert und desillusioniert. Es war der Grund, warum ich meinen Wunsch, Journalistin zu werden aufgegeben habe.
Angst ist das Ego in Aktion
Kommen wir wieder zurück zum Filter und der Kommunikationsstrategie der Medien. Wenn ich den Medien Gehör schenke, höre ich auf der Metaebene vor allem Angst heraus. Und genau dieses Gefühl will ich, so gut ich kann, nicht unterstützen. Vielleicht wirke ich deshalb risikofreudiger als der Durchschnitt. Obwohl ich mich gar nicht so empfinde. Ich will einfach nicht Angst vor anderen Menschen haben, Angst vor dem Leben haben, anderen aus dem Weg gehen, sie nicht mehr anlächeln, ihnen einen guten Tag wüschen oder sie -- weil der Schrecken so tief in mir sitzt -- nicht mehr ansehen. Schützt mich so ein Verhalten wirklich vor einem Virus?
Für mich ist es das Gegenteil von Schutz. Das ist, was „Ein Kurs in Wundern“ Verteidigung und Trennung nennen würde. Die Welt stellt auf einmal eine Gefahr für mich dar. Jeder andere Mensch ist etwas, wovor wir Angst haben müssen. Ich denke immer noch — egal, was der dominante Diskurs ist, was Corona angeht — dass Menschlichkeit, Liebe, Güte, Freundlichkeit, ein Lächeln das ist, was uns verbindet und was wir in dieser Zeit am dringendsten benötigen. Angst ist nicht der Ausweg aus der Angst, sondern die Liebe ist es.
Auf der Liebe Wegen
„Ein Kurs in Wundern“ sagt, dass Angst zu haben heißt, dass du vergessen hast, wer du in Wahrheit bist und wer dein Gegenüber in Wahrheit ist. Der derzeitige dominante Diskurs entzweit uns, wenn wir nicht achtsam sind. Er lässt uns Angst verspüren für unser Gegenüber. Wir denken, wir müssen uns schützen und jeder könnte potenziell einen tickende Zeitbombe sein. Wie beeinflusst das deinen Umgang mit deinen Mitmenschen? Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Angst-Kommunikation uns nicht guttut. Und deshalb möchte ich nicht dafür stehen.
Ich will für Hoffnung, Güte, Verbindung und das Leben stehen. Und wenn ich dann als „risikofreudiger“ dafür angesehen werde, dann sei es drum. Ich möchte meine Lebensfreude und Liebe nicht einschränken, weil ein Virus diese Welt fast zum Stillstand gebracht hat. Mein gesunder Menschenverstand und mein Herz sind aber nicht zum Stillstand gebracht. Klar achte ich auf mich und meine Gesundheit oder die Gesundheit meiner Mitmenschen. Aber möchte ich jetzt Angst vor meinen Brüdern (so nennt „Ein Kurs in Wundern“ alle anderen Menschen) haben? Nein! Und deshalb wähle ich, so gut ich kann, immer noch auf meine innere Stimme zu hören. Ich kann — fernab vom dominanten Diskurs um Covid herum — immer auf mein Herz und meine Menschlichkeit hören. Das ist möglich — und vor allem ist das sehr nötig. Denn als eine Schülerin von „Ein Kurs in Wundern“ sehe ich es als meine Aufgabe mich zu disziplinieren, nicht in den Sog des Angst-Diskurses gezogen zu werden.
Mit Angst argumentieren
Mir ist egal, wer und welche Medien grade ihr Wort an mich richten. Ich höre auf die Metaebene, auf das, was Zwischen den Zeilen gesagt wird. Und wenn ich da dann Angst heraushöre, dann redet ein Ego mit mir. Egal, ob die Person denkt, dass sie es gut mit mir zu meinen scheint oder nicht. Ich bin nicht darauf angewiesen, dass jemand für mich entscheidet, dass ich ein Risiko eingehe, weil ich Freundlichkeit und Menschlichkeit nicht vergessen will — egal, was da draußen tobt.Es gibt auch genug kritische Stimmen, die sagen, dass Vieles, was derzeit passiert, nicht rechtens ist — aber auch dort schaue ich auf die Metaebene der Kommunikation und wenn diese distopische Zukunftsvisionen für mich malt, lautet die Überschrift wieder Angst.
Ich glaube, wir dürfen — mehr denn je — achtsam sein. Unsere Gesellschaft teilt sich immer mehr in ein Lager, dass Angst hat vor einem Virus und deshalb sich in einer Art Überlebensmodus befindet und ein weiteres Lager, welches wütend ist, weil so viel passiert, was ihrer Meinung aus nicht gerechtfertigt ist und dann mit Wut, Distopia und Verachtung argumentiert. Du erreichst niemanden, wenn sie — unter deiner Argumentation — deine Ablehnung und Verachtung spüren können. Noch einmal: Angst ist nicht die Antwort auf Angst. Nur Liebe kann die einzig transformative Antwort auf die Angst sein. Wir können aus dieser Situation nicht emporgehoben werden, wenn wir alle auf der gleichen Bewusstseinsebene miteinander argumentieren bzw. gegeneinander Argumentieren. Das befeuert nur den Kreislauf aus Angriff und Verteidigung — ein klassischer Machtkampf also.
Liebe ist der einzig sichere Ort
Manchmal wundere ich mich, wie lahmgelegt wir wirken. Wir haben doch alle unser eigenes inneres System, welches uns führen kann. Warum — um Gottes Willen — lassen wir uns manchmal so fremd steuern? Wenn etwas sich in deinem Herzen komisch anfühlt, dann ist es meist auch so: komisch. Und dann richte ich mich nach Innen und gehe in der Meditation in die Stille und bitte den heiligen Geist um eine Antwort, wie ich mich verhalten darf und was wirklich am Sichersten ist. Ist es wirklich sicher, in der Angst zu verweilen? Will ich mich verängstigen lassen durch das Virus oder durch distopische Zukunftsbilder? Bin ich dann wirklich am Nützlichsten für die Weiterentwicklung unseres Bewusstseins?
Ich bin immer noch der Meinung — in einem Rahmen, in dem sich jeder selbst sicher und gut fühlt — dass Liebe der einzig sichere Ort ist. Und dort will ich verweilen und von dort aus will ich Teil einer Bewegung sein, die ein schönere, erhabenere und freundlichere Vision für uns als Menschheit hat und mich nicht vor jedem anderen in Sicherheit bringen und mir vordiktieren lassen, was ich zu glauben und was ich nicht zu glauben habe. Ich habe doch nicht meine emotionale Intelligenz an jemanden abgegeben, weil es ein Virus gibt, das unser aller Leben verändert hat.
Wir wissen übrigens nicht, welche Mächte und Kräfte grade im Hintergrund für eine bessere, schönere und erhabenere Version dieser Welt ihr Können und ihre Kräfte zusammentun. Ich glaube so fest daran, dass es besser geht als das, was wir hier grade erleben. Es ist als wenn wir im Kollektiv eine dunkle Seele der Nacht durchleben. Und was ist am Ende einer sehr dunklen Nacht? Richtig — Licht.
Deine Peri