#129 Deine Wehrlosigkeit ist deine Stärke

in blurtgerman •  4 years ago 

„Abwehrmechanismen sind der kostspieligste von allen Preisen, die das Ego fordert."
- EIN KURS IN WUNDERN

"In deiner Wehrlosigkeit liegt deine Stärke", sagt "Ein Kurs in Wundern" in Lektion 153. Und auch wenn es wohl in der Theorie eine sehr faszinierende Lektion ist, stellt die Umsetzung uns oft genug vor eine große Herausforderung. Letztes Wochenende habe ich genau das mehrfach beobachten dürfen: Wie Gemüter hochkochten und sich Menschen in einer Endlosschleife von Angriff und Verteidigung befanden. Wie kommen wir dort wieder raus? Der einzige Ausweg ist ein Bewusstseinssprung — weg vom Ego hin zur Wahrheit. Einstein zitiere ich ja immer wieder besonders gern: "Ein Problem kann nicht auf derselben Ebene gelöst werden, auf der es entstanden ist."

Wir haben eine große Herausforderung mit dem Prinzip der Wehrlosigkeit, weil wir immer die Angst haben, dass wir dann alles über uns ergehen lassen müssen. Diese Angst ist vollkommen unberechtigt und könnte nicht weiter entfernt von der Wahrheit sein. Und genau darum geht's in der heutigen Folge vom happycoollove Podcast.

Dein Ego tanzt zwischen Argwohn und Bösartigkeit

Ich war schon immer eine Beobachterin. Ich nehme oft Dinge wahr und sehe Dynamiken, die andere Menschen übersehen, weil ich mein Leben lang beobachtet habe. In der Zwischenzeit erkenne ich sehr viele Verhaltensmuster sehr schnell und akkurat. Ich kann Dinge miteinander verknüpfen, die Symbolik verstehen und Glaubenssätze hinter Verhalten erkennen, oft bevor die Menschen es für sich selber kapieren. Das ist keine Gabe per se. Es ist ein jahrzehntelanges Beobachten gepaart mit meiner unbedingten Bereitschaft, mich selbst zu klären.

Wenn ich also das menschliche Ego beobachte — ganz ohne Urteil — einfach nur beobachte, dann bin ich so dankbar dafür, dass ich eine Schülerin von „Ein Kurs in Wundern“ bin. Warum? Weil das Ego einfach mal an alles andere glaubt außer Wehrlosigkeit. Ich beobachte, dass es so einfach ist, den Versuchungen des Ego auf den Leim zu gehen: Trennung, Urteil, Rechthaben, Angst, Mangel, Verteidigung und Angriff. Dein Ego ist so, so schlau. Es ist deine eigene Intelligenz, die du gegen dich nutzt — ganz oft, ohne es wirklich zu bemerken.

Es kann so schnell passieren. Keiner von uns ist wirklich immer gefeit davor, sich zu verteidigen und Recht haben zu wollen, anstelle an seine eigene Wehrlosigkeit als Stärke zu denken. Ich möchte zumindest denken, dass ich mir viel schneller auf die Schliche komme. Das nur, weil mir so viele Zitate und Weisheiten aus „Ein Kurs in Wundern“ im Bewusstsein herumschwirren. Ich kann nur sagen, dass es sich mehr als lohnt, einfach mal fast ein Jahrzehnt diszipliniert an einer Sache dranzubleiben und eine Art von Tiefe mit einer Materie zu erlangen, die dann dadurch Teil des Problemlösungsrepertoires wird. Denn wir vergessen viel zu oft, dass: „…das Ego bestenfalls des Argwohns und schlimmstenfalls der Bösartigkeit fähig [ist].Das ist sein Spielraum.“ - Ein Kurs in Wundern

Die andere Wange: Wehrlosigkeit

Jesus hat in seiner Bergpredigt Folgendes gesagt: „Widersteht nicht dem, der böse ist, sondern wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so wende ihm auch die andere zu.“ Inhaltlich verbinde ich diese Aussage stark mit der Lektion 153 über unsere Wehrlosigkeit aus EKIW. Denn beide Aussagen weisen uns darauf hin, dass es eine Möglichkeit gibt, eine bedrohliche Situation neu zu betrachten. Ich interpretiere es so: Wehrlosigkeit heißt, nicht die Illusion (menschliche Erfahrung) wird zur absoluten Wahrheit gemacht. Du hörst auf, uns in die wahrgenommene Ungerechtigkeit hineinsteigern und uns als Opfer der Situation sehen. Versuche, so schnell du kannst, wieder zurück zu deiner wahren Natur zu finden. Re-aktiviere dein Bewusstsein für deine wahre Natur, der — im Augenblick des Angriffs — überhaupt nichts passiert ist.

Erinnere dich daran, dass nur deine eigenen Gedanken dich verletzen können. Was immer du auch siehst, spiegelt deine Gedanken wider. Also richte deine Gedanken neu aus. Was — außer der Geschichte in deinem Kopf, die du dir erzählst — tut an einer, von dir als unschön eingestuften Situation, die schon längst wieder vergangen ist, weh? Was — außer deinem Ego — kann schwach sein?

Jedes Mal, wenn du angreifst, sei dir dessen bewusst, dass du dich mit deinem Ego — und somit nur mit deinem menschlichen Bewusstsein — gleichsetzt. Damit vergisst du, die Situation nicht wortwörtlich zu nehmen. Du vergisst, die Symbolik zu verstehen, die Muster zu erkennen und du vergisst vor allem dein wahres Selbst und das wahre Selbst deines Gegenübers. Kurzum: Du verpasst das Wunder, weil du deine Wehrlosigkeit vergisst. Die Welt des Ego ist nicht sicher, die Welt unserer wahren Natur schon. Nichts kann den CHRISTUS (deine Wahrheit) in dir wirklich stören. Nur dein Ego kann sich von der Unbeständigkeit deines Außens verunsichern lassen.

Wehrlosigkeit für Fortgeschrittene: Ausnahmesituation ist nicht gleich Ausnahmesituation

Ein kleiner Zusatz gehört hier bestimmt auch hin: Nicht jede Situation fühlt sich gleich bedrohlich für uns an. Wenn mir jemand eine Waffe an den Kopf hält und droht, abzudrücken, dann habe ich bestimmt eine größere Herausforderung — und ich weiß nicht, ob ich diese meistern würde — im Hier und Jetzt, zu verweilen, mein Fokus auf meine absolute Wahrheit zu lenken und meinen inneren Frieden beizubehalten. Das sehe ich komplett ein. Dennoch glaube ich fest, dass das nicht unmöglich ist. Ich glaube aber, aktuell sind nur einige wenige, sehr geklärte Menschen, zu solch einem Fokus fähig.

Und nun Hand aufs Herz: Die meisten unserer Alltagssituationen, die uns wütend machen, sind nicht wirklich so bedrohlich, wie unser Ego es uns vormacht. Eine Meinungsverschiedenheit mit dem Mitbewohner, der Freundin oder dem Kollegen — und gleich hat uns das Ego wieder im Griff. Etwas führt nicht zum Ergebnis, welches wir präferieren würden, schon verfluchen wir unser Leben und das Universum. Jemand scheint uns mit einem Satz angegriffen zu haben und — ohne groß einmal inne zu halten (Impulskontrolle), verurteilen wir Menschen und feuern ungefiltert zurück, obwohl es die besten Situationen sind, um endlich mal etwas Neues, etwas Höheres auszuprobieren. Mach hier den Satz: „In meiner Wehrlosigkeit liegt meine Sicherheit“, zu deinem Mantra. Mit Sicherheit wird übrigens immer auf eine höhere Ebene hingewiesen. Dein wahres Selbst ist immer sicher — und je nachdem, womit du dich identifizierst, fühlst du dich auch in solch einer Situation sicher, die dein Ego als unsicher empfindet. Da du so klar bist, wer du in Wirklichkeit bist, wird deine Antwort auch klar, deutlich und unmissverständlich.

Ich habe ein Lied zu singen — was ist mit dir?

Byron Katie hat mal gesagt: „Ich habe ein Lied zu singen.“ Ich weiß genau, was sie damit meint. Ich glaube, nicht jeder wird mich verstehen, wenn ich sage, dass sich nicht zu verteidigen (im klassischen Sinne) die Antwort auf einen Angriff ist — dennoch kann ich nicht anders, als diesen höheren Weg immer und immer wieder mit dir zu teilen. Du kannst wählen, dich an die Wahrheit zu erinnern, die einen Angriff nicht zu deiner Wirklichkeit werden lassen muss, weil du weißt, dass es eine absolute Wahrheit gibt, die dieses Erlebnis in eine höhere Perspektive rückt, die dich anders, würdevoll und klar agieren lässt.

Manchmal hilft es schon, dass du dir einfach sagst, dass du dich aus dieser Situation jetzt zurückziehst, weil du in diesem Moment nichts mehr hinzuzufügen hast. Und dann dafür zu beten, dass dein innerer Kompass dir eine Lösung aufzeigt, die wertvoll für alle beteiligten ist. Impulskontrolle sollte auch ein Teil deines Problemlösungsrepertoires sein. Wir alle spielen mit dem Feuer, wenn wir nur unser Ego als Richtschnur haben. Und vielleicht wachen wir nicht früh genug auf, damit diese Welt ein Bewusstseinssprung macht, vielleicht ja auch doch. Ich weiß nicht, was im absoluten Sinne, die beste Variante für uns ist. Ich weiß, dass ich mir als Mensch das Letztere wünsche, weil ich so unglaublich neugierig bin, zu welchem Potenzial wir als Menschheit in Wahrheit fähig sind. Dies ist längst nicht der Berggipfel unseres Bewusstseins, so viel ist klar.

Don't die with your music still in you,
Peri

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